Guido Guidi
IT
BIOGRAFIE
Guidi, Guido (born 1941), Italian photographer, who
began experimenting in the late 1960s with pseudodocumentary
images that interrogated photography’s objectivity.
Influenced by Neorealist film and Conceptual art, in
the 1970s he began investigating Italy’s man-altered
landscape. Working in marginal and decayed spaces
with a 20.3 × 25.4 cm (8 × 10 in) camera, Guidi creates
dense sequences intended as meditations on the
meaning of landscape, photography, and seeing. Later
he investigated the life and death of modernist
architecture, with projects on Scarpa, van der Rohe, and Le Corbusier.
Mit Guido Guidi ist einer der bedeutendsten
Photographen Italiens seiner Generation im diesjährigen
Mitteleuropazyklus Lilienfeld vertreten.
Weit über ein bloßes dokumentarisches Selbstverständnis
hinaus ist das photographische Bild
ein Instrument der Exploration der Welt und
Wirklichkeit. Thematisch meist eng autobiographisch
geprägt, sind urbane Szenerien, Architektur
und Landschaften vorrangige Aspekte seiner
Werkserien.
Das Detaillierte, kaum Wahrgenommene, scheinbar
Banales, Alltägliches gerinnt zu subtilen Bilderzählungen,
die immer auch die Konditionen des
photographischen Mediums selbst implizieren:
hell – dunkel, Kontraste von Licht und Farbe,
Perspektiven der Augenhöhe, um Sehen und das
Gesehene visuell zu synchronisieren und hierarchische
Haltungen zu vermeiden. Dabei arbeitet er
mit Mittel- und Großformatkameras, die schon per
se das Moment einer Entschleunigung und damit
das Gewinnen einer Dichte an Zeit beinhalten. Es
gehört zu seinem photoethischen Prinzipien, die
Positiv-Prints nur in jenem Format der Negative zu
vergrößern, die er bei der Aufnahme verwendet.
In der hier präsentierte Werkserie wird der Fluss
zum Sinnbild auch des photographischen Selbstverständnisses:
aufgehobene Zeit im Moment ihres
Fließens. Die genaue Angabe des Aufnahmedatums
und –zeitpunkts sind dabei explizite Verweise auf
das Moment photographischer Zeitlichkeit. In dieser
Hinsicht sind die photographischen Bilder bei
Guido Guidi auch visuell-konzeptuelle Poesie,
Erzählungen darüber, dass Photographien nicht
bloß eine Welt abbilden, sondern in spezifischer
Weiser überhaupt erst herausbilden.
Carl Aigner