Walter Niedermayr
I
BIOGRAFIE
1952, Bozen/Bolzano
Seit 1985 arbeitet er an Projekten, in denen er den
Raum als von Menschen besetzte und gestaltete
Realität untersucht und die ephemeren Bereiche
zwischen Vorstellung und Imagination hinterfragt. Dies
drückt sich aus in den Werkgruppen Alpine
Landschaften seit 1987, Raumfolgen seit 1991,
Rohbauten seit 1997, Artefakte seit 1992, Bildraum
seit 2001. Diese letztere hat mit Architektur zu tun, bei
der es um das Sichtbarmachen von Raum und
Raumatmosphären geht. Zwischen 2005 und 2008
sind die Bildserien Iran entstanden, ab 2009 The Aspen
Series. Seit 2011 Dozent für künstlerische Fotografie
an der Fakultät für Design und Künste der Freien
Universität Bozen.
Monografien:
1993 Die bleichen Berge, herausgegeben von ar/ge
Kunst Galerie Museum, Raetia Verlag, Bolzano
1998 Reservate des Augenblicks, herausgegeben von
ar/ge Kunst Galerie Museum, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern
2003 Zivile Operationen, herausgegeben von Kunsthalle Wien, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern
2010 Recollection, herausgegeben von Amir Cheheltan
and Lars Mextorf, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern
2011 Appearances, herausgegeben von Filippo Maggia
und Francesca Lazzarini, Skira Verlag, Milano
Einer der faszinierendsten Werke und internationalen
Karrieren hat der Südtiroler Künstler Walter
Niedermayr seit den 1990er mit seinen photographischen
Serien und Sequenzen geschaffen. Im
Fokus seiner Arbeiten stehen Räume, sichtbare,
unterirdische, öffentliche, urbane und rurale, unberührte
und vor allem von Menschen funktional absorbierte.
Ob durch den Wintersport industrialisierte
Bergwelten in Südtirol, ob Gefängnisse wie die
Strafjustizanstalt Stein in Krems, ob im Iran oder
unterirdische Funktionsräume für Autobahnen –
minutiös und mit einer konsequenten Verfahrensweise
des Arrangements seiner Bildtableaus und
–Serien werden photographische Recherchen realisiert,
die als gemeinsame Fragestellung eine
Archäologie der Alltäglichkeit und Funktionalen
von des Räumlichen vollziehen.
Diesbezüglich spricht der Künstler selbst von
„Feldforschung“, die seinen photographischen
Werken zugrunde liegt. Dabei geht es nicht um topographische
Einschreibungen oder Verortungen.
Vielmehr richtet sich der photographische Blick gewissermaßen
auf die „Genetik“ von Räumen und
Orten und ihrer visuellen „Gen-Analyse“. Dynamik
und Stillstand, Transformation und Arretierung der
gesehenen Räume werden kongenial durch die
formale Komposition der Photographien sichtbar.
Trotz ihrer beeindruckenden Ästhetik (und Schönheit)
haben viele der Werke, wie sie auch in seinen
Videoarbeiten erkennbar sind, einen melancholische
Charakter, eine Wehmut über die Vergänglichkeit
der Zeit im Angesicht einer photographisch
aufgehobenen Zeit.
Carl Aigner